„Wir wollen Begeisterung erzeugen“
Wie innovativ eine Nudel sein kann
Ganz vorsichtig ertasten sie in Schwindel erregender Höhe die ersten Sprossen beim Ausstieg aus dem Korb der Feuerwehrdrehleiter. Die schwindelnde Höhe ist "geschwindelt", denn vom Korb aus zum sicheren Boden trennen die Frauen und Männer gerade einmal 5 Zentimeter. Der mittels Virtual Reality simulierte Feuerwehreinsatz war heute (25.9.) eines von drei Workshopangeboten in der Zeitzer Nudel.
Mit VR-Brillen, Kopfhörern, Kameras und kleinen Rechnern auf dem Rücken können hier Einsätze in Gefahrensituationen trainiert werden. Kameras an den VR-Brillen lesen die Positionen der Probanten an QR-Codes an Decken und Wänden. Nebenan wird anschaulich gemacht, wie diese Simulationen entstehen. Motion Capture heißt das Verfahren, mit dem täuschend echte Situationen simuliert werden. Das Unternehmen Imaging Fire hat sich hier in der Nudel angesiedelt und betreibt das VR- Fortbildungszentrum für Feuerwehr und Rettungskräfte.
Eine wahrlich innovative Nudel, diese alte Zeitzer Nudelfabrik, die Schauplatz des von der Stadt Zeitz veranstalteten Zukunftstages war. Im Coworking Place gab es für die Interessierten den Input. Was anfangs Skeptiker nicht für möglich hielten, hat Mathias Mahnke als Miteigentümer der Zeitzer Nudel überzeugend angepackt.
"Wir wollen Begeisterung erzeugen"
So formuliert Mathias Mahnke (Bild re.) eines seiner Ziele. Die Nudel als ein "'Ökosystem' für Virtual Reality, Kunst und Kultur", wie Mahnke diesen Ort in seinem Vortrag beschreibt. Seit er hier Hand anlegt, geben sich KünstlerInnen verschiedener Genres hier die Klinke in die Hand, wird dieser Ort zum Mekka für Kunst- und VR-Interessierte, bei MacherInnen wie bei "Verbrauchern". In der Nudel werde deshalb die komplette Infrastruktur entwickelt, die junge innovative Unternehmen, Kunst- und Kulturschaffende brauchen, vom Arbeitsplatz bis zum temporären Wohnangebot. Dabei sieht der Unternehmer in zunächst niedrigschwelligen Angeboten die besten Entwicklungschancen. Er habe dabei keinen konkreten Plan im klassischen Sinn, es gehe vielmehr darum, auf Nachfrage zu reagieren, Projekte und Menschen so zusammen zu bringen, dass Synergien entstehen, woraus denn nächste Schritte abgeleitet werden. Das, gepaart mit "Wir wollen Begeisterung erzeugen", scheint aufzugehen. Wer mit offenen Augen und Ohren die Entwicklung der "Nudel" verfolgt, der kann es sehen und spüren.
Unbestritten können Gründer, Kunst und Kultur wichtige Impulsgeber für Quartierentwicklung sein, auch im Strukturwandel. Freiräume dafür gibt es in Zeitz reichlich. Das sieht auch Dr. Franziska Krüger, Chefin der Stabsstelle für den Strukturwandel, so (Bild re.). Auch wenn sie ausdrücklich die Schwerpunktsetzung auf die Schaffung wertschöpfender Arbeitsplätze beim Einsatz der Strukturfördermittel betont, Initiativen wie die in der Zeitzer Nudel und deren Innovationskraft schätzt sie als unbedingt wichtig ein. Zumal in einer Region wie Zeitz, die zwar viel Freiräume hat, die jedoch bislang vor Innovationskraft und aktiver Gründerszene nicht gerade strotzt (Bemerkung der Red.).
Entwicklungsprozesse anstoßen, sich austauschen, über den Gartenzaun sehen, was andere machen und wie - darum ging an diesem Zukunftstag. So hatte Referatsleiterin Wirtschaftsentwicklung Ines Will den TeilnehmerInnen neben den Workshops viel Raum für den Austausch eingeräumt. Der wurde denn auch rege genutzt, nachgerade angestachelt von der Aura dieser Nudelräume, die das Machen und Anpacken förmlich atmen.
Wir haben uns in der Tagung selbst und in den "Nudelecken" umgesehen: